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Pfarrer Michael Ahlers, Christuskirchengemeinde Wiesbaden |
Liebe Glieder der Christuskirchengemeinde Wiesbaden,
ich hatte vor kurzem das Privileg mit jungen Menschen eine Fahrradfreizeit nach Frankreich ins Elsass zu begleiten. Das Thema der Freizeit lautete „Liberté, Égalité, Fraternité“ (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit), dem Wahlspruch der Französischen Republik, der auf den Losungen der Französischen Revolution fußt. Festgestellt haben wir, dass Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit drei sehr hohe Werte sind, die ihre Wurzeln im Christentum haben. Diese drei Werte lassen sich in der Welt immer nur zum Teil realisieren. In Jesus Christus aber haben wir vollkommene Freiheit, vollkommene Gleichheit und Geschwisterlichkeit.
Dafür mag folgendes Beispiel dienen: Zu Gast waren wir unter anderem in der Straßburger Gemeinde unserer französischen Schwesterkirche. In Straßburg hatten wir dabei die Gelegenheit, das Liebfrauenmünster zu besichtigen. In dieser imposanten Sandsteinkathedrale befindet sich in dem einen Querschiff eine astronomische Uhr, mit einem in der Welt einmaligen Uhrwerk. Es zeigt die Erdbahn, die Mondbahn und die Bahnen der Planeten Merkur bis Saturn an; es besitzt ein Räderwerk, das in der Silvesternacht abläuft und das Basisdatum für die beweglichen Feiertage errechnet; es hält den Rekord für das am langsamsten drehende Zahnrad: eine Umdrehung in 25.800 Jahren!
Das Bild zeigt einen Ausschnitt dieser astronomischen Uhr im Straßburger Münster. Unten sehr eindrücklich zu erkennen ist „Gevatter Tod“, die traditionelle Personifizierung des Todes, unseres schlimmsten Feindes. Jede Viertelstunde ertönt die Glocke an seiner Seite. Damit soll an das Dahineilen der Zeit und vor allem an die Vergänglichkeit des Lebens erinnert werden. Unaufhörlich und unaufhaltbar kommt der Sensenmann auf uns zu, um die Totenernte einzubringen.
Auch die beste Politik, die fähigste Regierung (Stichworte: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit), können den Tod bestenfalls nur aufhalten, das Unausweichliche ein bisschen hinauszögern. Eine gute Obrigkeit kann sich etwa für viele Freiheiten einsetzen, aber nicht die Freiheit beispielsweise vom Tod schenken.
Hier jedoch hält uns die astronomische Uhr im Münster von Straßburg vor Augen: Es gibt Einen, der stärker ist als der Tod! Über Gevatter Tod steht der auferstandene Herr Jesus Christus. Mit seinem Tod am Kreuz und seiner Auferstehung am dritten Tag hat er den Tod besiegt. Er hält die Siegesfahne in der Hand. Keiner, der durch Glauben und Taufe mit IHM verbunden ist, muss den Tod als letzten Feind mehr fürchten!
Jesus Christus ist stärker als der Sensenmann. In IHM schenkt Gott uns die Freiheit von der Macht des Todes. Mag der Tod noch so hässlich daherkommen; mag er uns in dieser Zeit und Welt noch so sehr ängstigen und quälen – er hat nicht mehr das letzte Sagen. Nein, auf den Besuch durch Gevatter Tod folgt seit dem Ostermorgen der Besuch durch den Auferstandenen, der durch sein wirkmächtiges Wort alle, die ihm angehören, in das ewige Leben der Auferstehung ruft.
So finden wir vollkommene Freiheit in dem, der spricht: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ (Offenbarung 1, 17b - 18)
Ihr
Pfarrer Michael Ahlers