Geistlicher Impuls
Liebe Glieder und Freunde der Christuskirchengemeinde Wiesbaden,
hier ist ein wunderschönes Foto einer Kirche auf einem Berg zu sehen. Ich weiß nicht genau, wo dieses Foto aufgenommen wurde, gehe aber davon aus, dass hier eine Wallfahrtskapelle abgebildet ist. Solche Wallfahrtskapellen finden sich vielfach in Europa, ganz oft – wie auch in diesem Fall – auf Berggipfeln. Ich selbst erinnere mich gerne an einen Gottesdienst hoch oben in den Alpen an einem ähnlich schönen Sommertag, den wir als Familie einmal in einer solchen Kirche miterlebt haben.
Diese kleinen Kirchen mitten in der Natur sind manchmal Ziel einer Wallfahrt oder eines Pilgerwegs, oder einfach nur ein Ort der Einkehr und des Gebets für Wanderer auf dem Weg. Zuweilen bieten sie auch Schutz. Sie sind deshalb häufig auf Berggipfeln zu finden, weil sie dort von Weitem und aus allen Richtungen sichtbar sind; ja, weil sie oben auf einem Gipfel im Grunde nicht zu übersehen sind.
In der Vorrede zu dem Konkordienbuch, der Sammlung der Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche von 1580, schreiben die Unterzeichner, dass sie dieses Konkordienbuch in Druck geben, damit „das Licht der göttlichen Wahrheit [nicht] unter den Scheffel und Tisch“ gerät.
Unsere Vorfahren beziehen sich an dieser Stelle auf Jesu Worte aus Matthäus 5: „Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind.“
„Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein“.
So wie Wallfahrtskirchen ganz oft auf einem Berggipfel stehen, damit sie sich von Weitem etwaigen Wanderern ankündigen und diese zum Auftanken und Verweilen einladen, so wollen die Herausgeber des Konkordienbuchs, dass das Licht des Wortes Gottes – des Evangeliums von Jesus Christus – das im 16. Jahrhundert in der Kirche des Mittelalters neu aufgeleuchtet war, weiterhin ein Licht der Hoffnung in der Welt sein soll; dass dieses Licht nicht wieder unter einen Scheffel geraten würde. Dazu sollte die Sammlung und Vervielfältigung der Bekenntnisse dienen. Wo das, was diese Bekenntnisse bezeugen – das Evangelium von Jesus Christus – lebendig bleibt, da ist ein Leuchtfeuer des Lichts und der Hoffnung.
Auch wenn wir als Christuskirchengemeinde Wiesbaden ein architektonisch wirklich eindrucksvolles Kirchengebäude haben und nunmehr seit einigen Jahren einen Glockenturm, so steht unsere Kirche zugleich ganz unten an der (gar nicht so flachen) Flachstraße und zeigt sich daher nicht besonders exponiert. Aber das, was man in unserer Kirche finden kann, ist ein Leuchtfeuer des Lichts und der Hoffnung für die Welt auch des 21. Jahrhunderts. Jesus Christus ist mit seinem Wort und seinen Gnadenmitteln mitten unter uns. Er lädt die Jungen und die Alten, die Müden und die Starken, die Kranken und die Zufriedenen, die Hoffnungslosen und die Fröhlichen ein – um ihnen sein Leben durch die Vergebung der Sünden zu schenken.
Möge jede Wallfahrtskirche, die wir auch in diesem Sommer gegebenenfalls wieder zu sehen bekommen, uns immer wieder neu an Jesus Christus erinnern, der als Licht der Welt in unsere Welt gekommen ist. Der noch heute dieses Licht für die Welt ist.
Ihr und euer
Pastor Michael Ahlers